Fr. Pierbattista Pizzaballa ist seit 2004 Kustos des Heiligen Landes. Damit steht er der Kustodie, der Ordensorganisation der Franziskaner im Heiligen Land, vor. Auf dem Blog TerraSanta.net wandte er sich vor Kurzem an Christen auf der ganzen Welt. Er rief sie auf, das Heilige Land auch in schweren Zeiten zu unterstützen.
„Seit einiger Zeit nimmt die Zahl der Pilgerreisen ins Heilige Land dramatisch ab. Dies liegt vor allem an der Angst, die die Kriege im Nahen Osten und die Angriffe von fundamentalistischen Gruppen, die auch in westlichen Ländern Massaker verübt haben, hervorrufen. Man schätzt, dass allein die Pilgerreisen aus Italien im letzten Jahr um mehr als 40 Prozent zurückgegangen sind. Trotz einiger Anzeichen für eine zaghafte Besserung haben viele weiterhin große Angst davor, in dieses gesegnete Land zu reisen.
In dem Wissen, dass ich die Stimmen der verschiedenen christlichen Gemeinden in Israel und den palästinensischen Gebieten wiedergebe, möchte ich Euch sagen: Lasst das Heilige Land nicht im Stich! Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, wieso man nicht eine Pilgerreise ins Heilige Land organisieren sollte. An den heiligen Stätten und den Orten, wohin Touristen gehen, ist die Sicherheit garantiert. Und mehr als je zuvor brauchen wir, die Christen im Heiligen Land, die Präsenz und die Unterstützung von Pilgern, die aus der ganzen Welt hierhin kommen, um zu beten.
Als ein Christ im Heiligen Land zu leben bedeutet, eine besondere und universelle Berufung zu haben. Die römische Kirche hier besteht vor allem aus drei Gruppen: aus der Gemeinschaft der hiesigen arabischen Christen, der seit Langem etablierten Gruppe der Palästinenser, die die traditionelle christliche Präsenz an diesen Orten darstellen; außerdem aus der hebräischsprachigen Kehila, einer neuen Kirche, die Elemente gemeinsam hat mit den Evangelikalen, den messianischen Juden und den Katholiken und die Liturgie auf Hebräisch feiert. Schließlich gibt es noch die internationale Gemeinde, der viele ausländische Arbeitskräfte angehören. Dazu gehören vor allem Menschen aus den Philippinen, aus Südamerika und Indien, die dauerhaft im Heiligen Land leben. Daneben gehören der dritten Gemeinschaft auch andere Gruppen mit verschiedenen Hintergründen an, die aus vielfältigen Gründen längere Zeit hier leben. Neben Mitgliedern der römischen Kirche leben und arbeiten hier auch Mitglieder anderer wichtiger christlicher Kirchen. Dies sind ersterer Linie die griechisch-orthodoxe Kirche, die armenische Kirche und die koptische Kirche. Innerhalb der katholischen Welt gibt es ebenfalls Gruppen, die andere Riten befolgen als die römischen.
Jerusalem und die heiligen Stätten der Christenheit stellen für uns weiterhin ein wichtiges Zeichen des Glaubens dar. Sie sind Zeugnis des Lebens, des Todes und der Auferstehung von Jesus, die genau an diesem Ort stattfanden. Alle Christen, sogar diejenigen, die am weitesten von uns entfernt sind, schauen auf das Heilige Land, um diese Zeichen und die wahre Bedeutung ihrer Aufgabe in dieser Welt zu finden. Im Heiligen Land kann man das Leben von Christus und die Evangelien nachempfinden. Hier kann man lernen zu sehen, zu hören, zu meditieren und die Stille zu genießen, um die mysteriöse Bedeutung seines Lebenswegs zu verstehen. In der Umwelt des Heiligen Landes könnt Ihr die gleichen Orte, Gewohnheiten, Farben und Gerüche erleben, die Jesus kannte, als er sich der Welt zu erkennen gab.
Immer schon waren Christen eine Minderheit im Heiligen Land, eine kleine Präsenz mit einem Herzen voller Leidenschaft, und sie sind nie verschwunden. Sie sind dazu angehalten, ein Glaubenszeugnis abzulegen, lebendig und voll von Liebe zu ihrer Geschichte und ihren Ideen zu sein. Sie sind dazu angehalten, Wandel und die Begegnung mit Vielfalt nicht zu fürchten, sondern offen, ruhig, frei, positiv und zugleich tief verwurzelt in ihrem Identitätssinn und ihrem Gefühl der Zugehörigkeit zu sein. Sie sollen Initiative ergreifen hinsichtlich der Zukunft und aktiv sein, wenn es darum geht, die heiligen Stätten, die Hüter der Tradition und des Gedächtnisses der gesamten Christenheit sind, zu bewachen.
Um diese Präsenz sicherzustellen und sie möglicherweise zu verstärken, lade ich erneut Diözesen, Gemeinden und Bewegungen ein, uns nicht im Stich zu lassen, sondern Pilgerreisen ins Heilige Land zu organisieren zum Zeugnis des Friedens und Dialogs. Ich bin optimistisch, dass dieser Aufruf von vielen italienischen Gläubigen – aber natürlich auch Gläubigen anderer Nationalität – gehört werden wird, denen das Heilige Land sehr am Herzen liegt. Ich bin optimistisch, dass bald wieder mehr Menschen hier auf den Spuren von Jesus wandeln werden.“
Keine Kommentare bisher ↓
Like gas stations in rural Texas after 10 pm, comments are closed.