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Redefreiheit im Internet schließt nicht das Recht auf Anstiftung zur Gewalt ein

7. Januar 2016 · Keine Kommentare · Antisemitismus, Palästinenser, Sicherheit, Terror

Nach den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo in Frankreich wurde es populär, die berühmten Worte von George Bernard Shaw zu zitieren: „Mord ist die extreme Form der Zensur“. Aber der zweite Teil des Zitats, der weniger bekannt ist, ist gleichfalls von Bedeutung: „…und es ist schwer eine Anstachelung zu ihm [dem Mord] zu rechtfertigen mit der Ablehnung von Zensur.“

Tzipi Hotovely

Tzipi Hotovely

Shaws Standpunkt bezieht sich auf die wohlbekannte Tatsache, dass jede Freiheit, die ins Extreme getrieben wird, aufhört eine Freiheit zu sein, wenn sie einen anderen beeinträchtigt. So wie es auch im bekannten englischen Sprichwort „Das Recht, seinen Arm zu schwingen, endet an der Nase eines anderen“ ausgedrückt wird. Es ist notwendig festzulegen, was Aufwiegelung und Hetze im Internet sind, und dagegen vorzugehen, sogar wenn dies bedeutet, das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken.

Die jüngsten Terroranschläge, die die weltweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, haben definitiv eine Verbindung zum Missbrauch von  Online-Plattformen. Als die Hintergründe des Angriffs von San Bernadino mit 14 Todesopfern ans Licht kamen, wurde klar, in welchem Ausmaß die Terroristen Tashfeen Malik und ihr Ehemann Syed Farook Kontakt mit Terroristen über die sozialen Netzwerke hielten – lange bevor sie ihren Massenmord ausführten. Es ist bezeichnend, dass Malik am Tag des Anschlags dem IS in einem Facebook-Post Treue schwor.

Nach den Anschlägen von Paris am 13. November, bei denen 130 Menschen getötet wurden, wurde deutlich, dass die Angreifer – eine Gruppe von IS-Sympathisanten – die sozialen Medien zur Kommunikation und Koordination genutzt hatten. Es muss kaum erwähnt werden, dass die sozialen Medien für den IS eine sehr wichtige Plattform sind, über die er seit 2014 durch eine schockierende Reihe von Enthauptungsvideos, die sich viral im Netz verbreiteten, überhaupt erst weltweite Bekanntheit erlangte.

Zweifelt wirklich jemand ernsthaft an einer Verbindung zwischen solch grausamen Videos und dem anschließenden rasanten Anstieg der Terrorangriffe durch IS-Sympathisanten weltweit?

In ähnlicher Weise ist die palästinensische Terrorwelle, die Israel seit einigen Monaten heimsucht, stark durch Hetze im Internet beeinflusst. Seit dem 13. September 2015 wurden durch Angriffe mit Messern, Schusswaffen und Autos  27 Menschen von palästinensischen Terroristen getötet und mindestens 280 verletzt.

Während des gesamten Zeitraums sind die palästinensischen sozialen Medien voll mit Bildern, Videos und eindeutigen Botschaften, die zu solchen Angriffen auf Israelis aufrufen. Manche von ihnen enthalten sogar anatomische Darstellungen, auf denen beschrieben wird, auf welche Teile des Körpers für die größte Wirkung eingestochen werden sollte.

Sollte jemals ein Beweis für den eindeutigen Zusammenhang zwischen virtueller Hetze und realer Gewalt erbracht werden müssen, ist es die aktuelle palästinensische Terrorwelle.

Palästinensische Propaganda in den sozialen Medien

Palästinensische Propaganda in den sozialen Medien

Der erste Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten ist eine der bekanntesten und am meisten gelobten Erklärungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Doch auch dieses Recht, das so bedeutend für Demokratie und Freiheit ist, hat seine Grenzen.

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten verbietet die „Fürsprache zur Gewalt“, wenn „diese Fürsprache das Ziel hat, aufzuhetzen oder zu illegalen Handlungen zu verleiten und wahrscheinlich zu Hetze und solchem Tun führt“.

Ein ähnlicher Ansatz ist international eingebunden worden, zum Beispiel im Artikel 20 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, in dem es heißt: „Jedes Eintreten für nationalen, rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, wird durch Gesetz verboten.“

Auf Grund der Bedeutung des Internets als Mittel der Terroristen zur Inspiration, Anwerbung, Aufstachelung und zum Training von Anhängern finden seit Jahren wichtige internationale Kooperationen und Austausch statt, sowohl bilateral als auch im Rahmen multilateraler Institutionen wie dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), um übereinstimmend zu formulieren, was unter Hetze zu verstehen ist und wie sie bekämpft werden kann.

Demokratien sind aus nachvollziehbaren Gründen vorsichtig bei der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Gefahren, die von übermäßigen Einschränkungen ausgehen, sind wohlbekannt und müssen immer bedacht werden. Dies ist besonders der Fall, wenn es um das Internet und den Cyberspace geht, die enorme Möglichkeiten bieten, Unterprivilegierten mehr Macht zu geben und Unterschiede zwischen entwickelten und weniger entwickelten Gegenden und Gemeinden auszugleichen.

Aber wie alle Technologien kann auch das Internet missbraucht werden. Solch ein Missbrauch hat es bereits in ein Schlachtfeld verwandelt mit Opfern, die für jeden sichtbar waren in den jüngeren Terrorattacken, deren Zeugen wir alle waren.

Daher darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht die Entschuldigung für Tatenlosigkeit sein. Kriterien müssen bestimmt werden, um die legitime Meinungsäußerung vom Missbrauch durch Online-Technologien zu trennen, die eine klare und direkte Gefahr für das Leben und Wohlbefinden Anderer darstellt.

So wie von Print- und Rundfunkmedien erwartet wird, dass sie verantwortungsbewusst handeln und nicht als Sprachrohr für Hetze dienen, müssen sich auch die sozialen Medien und die Firmen, die sie betreiben, dem selben Verantwortungsgefühl verpflichtet sehen.

Unschuldige Menschen verlieren ihr Leben an weit voneinander entfernten Orten, wie San Bernadino, Paris und Jerusalem, durch Gewalt, die von Fanatismus und Intoleranz angetrieben ist. Anhänger dieses Fanatismus greifen zu unterschiedlichen Mitteln, um ihn zu bewerben und Terroristen anzuwerben, die entsprechend handeln.

Soziale Netzwerke und Online-Plattformen sind nur die neueste Technologie, mit der der uralte Aufruf zur Gewalt heute transportiert wird.

Verantwortungsvolle demokratische Regierungen müssen rechtliche Kriterien und technische Mittel entwickeln, um die Grenzen von freier Meinungsäußerung im Online-Bereich zu definieren und durchzusetzen. Dies nicht zu tun gefährdet das Leben unschuldiger Menschen und führt zum ultimativen Akt der Zensur, indem die Stimmen der Terroropfer für immer zum Schweigen gebracht werden.

 

Tzipi Hotovely ist stellvertretende Außenministerin Israels

 

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